21.03.2017
Minsk
2-11их/2016/286K
Die Wirtschaftskammer des Obersten Gerichts der Republik Belarus, in der Besetzung mit dem Vorsitzenden Richter Yumagujin R.Kh. und den Richtern Grigorowitsch A.S. (Verfasser), Shiltschenka W.V., hat in öffentlicher Sitzung die Revision des privaten unitären Transportunternehmens „G“ bezüglich des Urteils des Wirtschaftsgerichts des Bezirks Mogilev vom 18.01.2017 – 2-11их/2016 über den Antrag der A. GmbH (Bundesrepublik Deutschland) gegen das private unitäre Transportunternehmen „G“ über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Gerichtsentscheidung verhandelt, unter Beteiligung der Vertreter: das private unitäre Handelsunternehmen „G“ – Geschäftsführer A- B.I., Rechtsanwalt K E.G. (Vollmacht vom 05.01.2017); die A. GmbH (Bundesrepublik Deutschland) – Rechtsanwalt F. T.N. (Vollmacht vom 25.11.2015),
WIRD BESCHLOSSEN:
Mit dem Urteil des Wirtschaftsgerichts des Bezirks Mogilev vom 18.01.2017 – 2-11их/2016 wurde das Versäumnisurteil des Landgerichts Bremen (Deutschland) vom 21.11.2014 – 11-O-79/14 über den Antrag der A. GmbH gegen das Transportunternehmen „G“ anerkannt und für vollstreckbar erklärt. Durch das Urteil wurde dem privaten unitären Handelsunternehmen „G“ zugunsten der A. GmbH eine Zahlungspflicht in Höhe von 52.427, 82 EUR nebst Zinsen seit dem 22.02.2013 auferlegt. Die restlichen eingeklagten Forderungen wurden abgewiesen.
Das Transportunternehmen „G“ legte Revision gegen das Urteil des Wirtschaftsgerichts des Bezirks Mogilev vom 18.01.2017 – 2-11их/2016 ein, mit dem Antrag, das Urteil aufzuheben und der A. GmbH die Anerkennung des Versäumnisurteils des Landgerichts Bremen vom 21.11.2014 – 11-O-79/14 unter Berufung auf das Fehlen eines Dokuments, das das Inkrafttreten der obengenannten Entscheidung bestätigt sowie auf eine unbegründete Anwendung des Gegenseitigkeitsprinzips durch das Gericht bei Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, zu verweigern.
In der gerichtlichen Revisionsverhandlung unterstützten die Vertreter des Transportunternehmens „G.“ die Revision unter Berufung auf die im Revisionsantrag vorgetragenen Argumente.
Nach Auffassung des Vertreters der A. GmbH, seien keine Gründe zur Stattgabe der Revision und Aufhebung der gerichtlichen Entscheidung erkennbar, weil weder materielle noch prozessuale Rechtsverletzungen vorliegen. Nach Anhörung der Vertreter der am Verfahren beteiligten Personen und Auseinandersetzung mit der Revisionsbegründung sowie unter Prüfung der Rechtmäßigkeit und Begründung der angefochtenen Entscheidung, kommt die Wirtschaftskammer des Obersten Gerichts der Republik Belarus zu der Entscheidung, dass keine Gründe für deren Aufhebung bestehen. Dies lässt sich wie folgt begründen.
Gemäß Art. 245 Wirtschaftsprozessordnung der Republik Belarus (WPO) werden ausländische Gerichtsentscheidungen und Schiedssprüche durch die für wirtschaftliche Streitigkeiten zuständigen Gerichte in der Republik Belarus anerkannt und vollstreckt, wenn Anerkennung und Vollstreckung vom Gesetzgeber oder durch einen völkerrechtlichen Vertrag der Republik Belarus oder auf der Grundlage der Gegenseitigkeit vorgesehen ist.
Fragen bezüglich der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen und Schiedssprüche werden auf Antrag einer Partei eines ausländischen Gerichtsverfahrens oder eines Schiedsverfahrens von einem für wirtschaftliche Streitigkeiten zuständigen Gericht entschieden.
Aus der Verfahrensakte ergibt sich, dass die A. GmbH einen Antrag auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Versäumnisurteils des Landgerichts Bremen vom 21.11.2014 – 11-O-79/14 bezüglich der Klage der A. GmbH gegen das Unternehmen „G“ bei dem Wirtschaftsgericht des Bezirks Mogilev eingereicht hat. Die Klage richtete sich auf Zahlung von 52.427,82 EUR nebst Zinsen von dieser Summe in Höhe von 8.794,25 EUR, Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von 4.748, 10 EUR, Ersatz von Gerichtskosten in Höhe von 3.828, 92 EUR sowie Zinsen von dieser Summe in Höhe von 249,81 EUR, im Ergebnis auf 70.048, 90 EUR.
Aufgrund einer Verlängerung der Verzugszeit hinsichtlich der Vollstreckung der Entscheidung des ausländischen Gerichts reichte die A. GmbH in der Gerichtsverhandlung vom 11.01.2017 einen schriftlichen Ergänzungsantrag zu dem Antrag auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Versäumnisurteils des Landgerichts Bremen vom 21.11.2014 – 11-O-79/14 ein. Dieser wurde von dem Wirtschaftsgericht des Bezirks Mogilev zur Berücksichtigung angenommen.
Dem Antrag der A. GmbH wurden ordnungsgemäß die beglaubigte originäre Entscheidung des Landgerichts Bremen vom 21.11.2014, aus der sich das Inkrafttreten dieser Entscheidung ergibt, die Entscheidung des Landgerichts Bremen von 16.03.2015 – 11-O-79/14 sowie der Zahlungsbeweis hinsichtlich der eingezahlten Gerichtskosten in der festgelegten Höhe vorgelegt.
Wie sich aus der Entscheidung des Landgerichts Bremen vom 21.11.2014 – 11-O-79/14 und den vorgelegten Beweisen ergibt, wurde das Unternehmen „G“ ordnungsgemäß von Ort und Zeit der gerichtlichen Verhandlung benachrichtigt. Dies ergibt sich aus der Benachrichtigung des Wirtschaftsgerichts des Bezirks Mogilev vom 21.10.2014 sowie aus der Entscheidung des Wirtschaftsgerichts des Bezirks Mogilev vom 21.10.2014 – 37-3/ип/2014.
Das Inkrafttreten der Entscheidung des Landgerichts Bremen vom 21.11.2014 – 11-O-79/14 ergibt sich aus dem Gerichtsstempel auf der ersten Seite der Entscheidung mit dem Text „Die oben dargelegte Entscheidung ist rechtskräftig“, zusammen mit dem Siegel und der Unterschrift des Urkundsbeamten. Darüber hinaus befindet sich auf der letzten Seite der Entscheidung ein Stempel, der besagt, dass die Entscheidung dem Gerichtsvollzieher zur Zwangsvollstreckung übergeben wurde.
Die obengenannten Stempel auf der Entscheidung des Landgerichts Bremen vom 21.11.2014 – 11-O-79/14 wurden auf Grundlage der nach der deutschen Prozessordnung zulässigen Beweise, die die Tatsache des Inkrafttretens der Entscheidung bestätigen, von dem Wirtschaftsgericht des Bezirks Mogilev rechtlich beanstandungsfrei anerkannt.
Aufgrund des ausdrücklichen Hinweises auf das Inkrafttreten der Entscheidung des Landgerichts Bremen vom 21.11.2014 – 11-O-79/14 in dem Entscheidungstext selbst, hält die Wirtschaftskammer die Argumentation des Antragsstellers hinsichtlich der Erforderlichkeit eines gesonderten prozessualen Dokuments über das Inkrafttreten einer ausländischen Entscheidung für unvertretbar.
Angesichts der Tatsache, dass das Gegenseitigkeitsprinzip ein allgemein anerkanntes völkerrechtliches Prinzip und einen Bestandteil des nationalen Rechts der Republik Belarus darstellt, sowie angesichts des Fehlens eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen der Republik Belarus und der Bundesrepublik Deutschland, der die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen regelt, und aufgrund fehlender Auskunft hinsichtlich der Anerkennungs- und Vollstreckungspraxis von Entscheidungen der Republik Belarus in der Bundesrepublik Deutschland und unter Berücksichtigung der Gegenseitigkeit als prozessualer Präsumtion, hält die Wirtschaftskammer des Obersten Gerichts der Republik Belarus die Anwendung des Gegenseitigkeitsprinzips durch das Wirtschaftsgericht des Bezirks Mogilev bei der Frage der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der Entscheidung des Landgerichts Bremen vom 21.11.2014 – 11-O-79/14 für rechtlich beanstandungsfrei.
Insoweit unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller die fehlende Gegenseitigkeit hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen zwischen der Republik Belarus und der Bundesrepublik Deutschland nicht nachgewiesen hat, ist die Argumentation des Antragstellers bezüglich die Unmöglichkeit der Anerkennung und Vollstreckung des oben genannten Urteils aufgrund der fehlenden Gegenseitigkeit unhaltbar.
Der Antragsteller hat dem Gericht keine Beweise für das Vorliegen anderer, vom Art. 248 WPO vorgesehener Gründe für die Verweigerung der Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung des Landgerichts Bremen vom 21.11.2014 – 11-O-79/14, vorgelegt, sodass die Wirtschaftskammer des Obersten Gerichts der Republik Belarus die Argumentation des Wirtschaftsgerichts über die Anerkennung und Vollstreckung des Urteils für rechtmäßig und begründet hält.
Die Argumentation des Antragstellers im Rahmen des Revisionsvortrags wurde vom Wirtschaftsgericht vollständig berücksichtigt und in nicht zu beanstandender Weise bewertet.
Prozessuale oder materiellrechtliche Fehler, die zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen könnten, sind nicht erkennbar.
Die angefochtene Gerichtsentscheidung ist daher rechtmäßig und begründet. Die im Art. 297 WPO vorgesehenen Aufhebungs- oder Abänderungsgründe sind nicht ersichtlich.
Das Unternehmen „G“ hat die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß Art. 133 WPO zu tragen.
Nach Maßgabe dessen und gemäß Art. 294, 296, 298 WPO fasst die Wirtschaftskammer des Obersten Gerichts der Republik Belarus den folgenden Beschluss:
Die Entscheidung des Wirtschaftsgerichts des Bezirks Mogilev vom 18.01.2017 – 2-11их/2016 ist rechtskräftig verblieben. Die Revision des Unternehmens „G“ wird verworfen.
Der Beschluss tritt in Kraft mit der Verkündung und kann mit den Rechtsmitteln gemäß Art. 300-304 WPO angefochten werden